Digitalisierung

Digitalisierung

Digitalisierung


03.06.2025

„Für neue Technologien bräuchte es einen TÜV und einen Führerschein!“

„Für neue Technologien bräuchte es einen TÜV und einen Führerschein!“

©

Interview mit Prof. Dr. Peter Düking

Seit 2016 hat sich der weltweite Absatz von Wearables fast verfünffacht, im Jahr 2023 betrug er rund 507 Millionen abgesetzte Einheiten. Technologie und KI erhalten immer mehr Einzug in unseren (Trainings-) Alltag und verändern diesen. Peter Düking beschäftigt sich als Juniorprofessor an der TU Braunschweig mit Trainingsprozessen und deren Auswirkungen sowie moderner Technologie zur Trainingsanalyse.

Lieber Peter, du beschäftigst dich als Sportwissenschaftler mit moderner Technologie. Wie bist du in diesem Bereich gelandet?

Ich habe früher selbst Sport auf hohem Niveau betrieben. Besonders interessant fand ich das Wissen zum Training und wie ich Trainingsprozesse messen und verbessern kann – auch um selbst besser zu werden. Nach einem Praktikum an der Spoho in Köln stand die Richtung dann fest. Nach einem Praktikum an der Spoho in Köln stand die Richtung dann fest. Damals kamen die ersten Smartwatches in den Markt.

Wo liegen deine Schwerpunkte in der Forschung?

Zum einen interessiert mich, wie sich Training bei unterschiedlichen Gruppen wie Kindern, Jugendlichen, Patienten, aber auch ganz viel bei Breiten- und Hochleistungssportlern auf den Körper auswirkt. Zudem blicken wir auf neue Technologien und neue Messmöglichkeiten. Wichtig ist dabei für mich der Transfer in die Praxis durch konkrete Empfehlungen. Wie gut bilden Smartwatches unseren Schlaf ab? Wie gut kann KI bei Trainingsplänen unterstützen?

In welchen Bereichen kommt KI-unterstützte Technologie bereits zum Einsatz?

Wenn wir auf Training bzw. Rehabilitation schauen, können wir das persönliche Empfinden mittlerweile gut durch objektive Parameter ergänzen. Ein konkretes Beispiel: Täglich erzeugte Bilder einer Wärmebildkamera können genutzt werden, um Rückschlüsse auf bestimmte Prozesse im Muskel zu erzielen. Da die Analysen heutzutage recht schnell sind, kann man das auch in vielen Settings im Sport anwenden, ohne viel Zeit zu verlieren. Wir versuchen hiermit, das Belastungsmanagement zu optimieren, um dem Sportler wiederum zu helfen, „besser“ zu trainieren und ggf. Verletzungen vorzubeugen.

Was ist aktuell dein persönliches Technologie-Highlight?

Neben der bereits erwähnten Wärmebildanalyse finde ich zwei weitere Ansätze im Moment sehr spannend. Da wäre zum einen die Trainingsplanerstellung mithilfe von Large Language Modellen, um Trainer zu entlasten. Studien zeigen, dass Trainingspläne durch KI erstellt werden können, aber diese noch Macken haben – und der Anwender muss wissen, welche Informationen das LLM braucht. Wir brauchen also beim Einsatz von künstlicher Intelligenz auch menschliche Intelligenz – sowohl beim Eingeben von Informationen in die KI, als auch bei der Kontrolle der Ergebnisse. Wenn ich das richtig mache, kann mir die KI aber helfen, schneller zu arbeiten.

Zudem arbeiten wir gerade an einem interessanten Projekt. Wir erheben derzeit viele Daten mit vielen verschiedenen Apps. Wie wäre es, wenn alle Daten gebündelt und ergänzt um aktuelle Studienergebnisse in einer Plattform liegen und unter Berücksichtigung des Datenschutzes mithilfe einer KI gezielt und individuell genutzt werden können?

Wie bewertest du den aktuellen Stand der Technologie, beispielsweise bei Wearables?

Es werden viele Daten erhoben und die Genauigkeit wird immer besser. Ich sehe angesichts der Datenmasse das Hauptproblem bei der Analyse: Welche Daten sind wichtig und was folgt daraus? Zudem kann es einen schmalen Grat geben zwischen Motivation und Verunsicherung durch einen Fitnesstracker und die (Fehl-) Interpretation der Daten. Hier braucht es aus meiner Sicht mehr Kompetenz für Trainer durch Aus- und Weiterbildung. Wann nutze ich eine Technologie? Wie nutze ich diese? Und wann lasse ich eine Technologie auch mal getrost weg?

Was ist derzeit die größte Herausforderung bei der Entwicklung neuer Technologie?

Wir erleben derzeit Entwicklungen in großer Geschwindigkeit, es fehlt aber eine Regulation des Marktes. Generell sollte es für neue Technologien eine Art TÜV für die Hersteller sowie eine Art Führerschein für die Nutzer geben.

Wie landet das Wissen auf der Trainingsfläche?

Zum einen durch die Lehre an der Universität. Des Weiteren sind auch Vorträge, Kooperationen, Blogs und Fachartikel wichtig. Sehr nützlichen Input liefert auch der deutsche Fitnesswissenschaftsrat mit seinen Symposien und Präsenzevents.

Wo siehst du die Technologie und KI im Jahr 2030?

Die Medaille hat wie immer zwei Seiten. Wir werden uns weiterhin selbst bewegen und trainieren müssen, auch der innere Schweinehund wird erhalten bleiben. Die Technologie wird uns jedoch durch konkretere und evidenzbasierte Vorschläge konkretere sagen können, was wir machen sollen. Trainer werden dadurch entlastet und können Schwerpunkte setzen. Ich sehe Optimierungsbedarf an der Schnittstelle zwischen Technologie und Anwender durch mehr Wissen.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Philipp Hambloch


Zur Person

Peter Düking ist seit 2023 Jun.-Prof. für Sportwissenschaft mit Schwerpunkt Bewegung und Training an der TU Braunschweig. Nach seinem Master an der Deutschen Sporthochschule in Köln promovierte er an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.


‹ Zurück

© TT-Digi 2025